Sonntag, 30. Dezember 2012

Kapitel 1.3 – Das Null-Summen-Dogma und das Konzept der Negativität

Auszug aus dem Buch »Gradido – Natürliche Ökonomie des Lebens«


»Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, dass das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere ILLUSION ist als die Welt des Traumes.«
–  Salvador Dali
span. Maler, Schriftsteller und Bildhauer

Die lebendige Natur, so wie wir sie erleben, ist immer positiv. Negative Zahlen sind ein mathematisches Konzept, um komplexe Vorgänge einfach beschreiben zu können. Doch in der für uns erlebbaren Natur kommen sie nicht vor. Oder  haben Sie schon einmal einen Apfelbaum gesehen, an dem minus hundert Äpfel hingen? Wohl kaum. Alles Materielle, das wir kennen, ist in einer positiven Menge vorhanden. Entweder es hängt eine positive Anzahl Äpfel am Baum, oder es hängt kein Apfel dran.

Wenn die Natur neue Produkte erschafft, zum Beispiel Äpfel, dann entstehen nicht auf einer anderen Seite negative Äpfel.  Der Apfelbaum muss nicht erst einen Kredit aufnehmen, um Äpfel produzieren zu können. Und er muss dafür auch keine Steuern bezahlen. Er lebt einfach seinem Wesen entsprechend im Einklang mit der ihn umgebenden Natur – und dadurch geschieht Schöpfung.

Dagegen wird unser Geld, wie bereits beschrieben, durch Schulden erschaffen. Des Einen Guthaben sind des Anderen Schulden. Des Einen Haben ist des Anderen Soll, oder mathematisch ausgedrückt: des Einen Plus ist des Anderen Minus. In der Summe gleichen sich Guthaben und Schulden aus. Sie ergeben zusammen die Summe »Null«. Diesen Sachverhalt nennt man in der Wirtschaftslehre das Gesetz der Bilanz. Und in der Spiele-Theorie handelt es sich um ein so genanntes »Null-Summen-Spiel«. Dahinter steckt die Weltanschauung, dass der Mensch selbst keine schöpferischen Fähigkeiten hat, also nichts kreieren kann. Nach dem Null-Summen-Dogma muss man auf der einen Seite etwas wegnehmen, wenn man auf einer anderen Seite etwas hinzufügen will.

Deshalb erscheint es uns völlig selbstverständlich, dass wir die Natur berauben müssen um uns Komfort zu schaffen; dass wir die Menschen in den Dritte-Welt-Ländern ausbeuten müssen um uns Wohlstand zu schaffen – kurz gesagt: dass andere verlieren müssen, wenn wir gewinnen wollen.

Wahrscheinlich ist Ihnen das Null-Summen-Dogma bisher gar nicht aufgefallen. Es begegnet uns immer und überall im Leben, so dass wir es für ganz selbstverständlich halten. Der menschliche Verstand ist gewöhnt, in Gegensätzen zu denken: rechts und links, oben und unten, arm und reich, hell und dunkel, tot und lebendig. Um diese  Gegensätze beziffern zu können, wurden die negativen Zahlen erfunden. Die  Zahl »Null« repräsentiert dabei den mittleren bzw. »normalen« Zustand. 

Beispiele für vermeintliche Negativität oder Gegensätze:


Der Nullpunkt der Temperaturmessung wurde willkürlich auf den Gefrierpunkt des Wassers  gelegt. Damit hat man positive und negative Temperaturen definiert. Das ist für uns im täglichen Leben zwar praktisch, denn wir markieren damit den für uns wichtigen Unterschied »Wasser – Eis«, doch in Wirklichkeit wird der absolute Nullpunkt nirgendwo erreicht. Man kann sich ihm nur mit großem Aufwand annähern. Der Gefrierpunkt des Wassers liegt tatsächlich bei (plus) 273° Kelvin.

Die Ladung der Elektronen hat man willkürlich als negativ definiert. Der Minuspol in der Elektrizität bezeichnet in Wirklichkeit einen Überschuss an Elektronen, der dem Ausgleich zustrebt.

Tag und Nacht werden als Gegensätze empfunden. Dabei sind sie nur die beiden Seiten unserer Erde. Auch Schatten ist nicht das Gegenteil von Licht. Schatten sind Orte mit weniger Licht, als die Umgebung.

Es wird uns suggeriert, wir würden in einer Welt der Gegensätze leben. Dabei ist das Denken in Gegensätzen nur eine Methode unseres Verstandes, Unterschiede festzustellen.

Was ist der biologische Unterschied zwischen einem Afrikaner und einem Europäer? Im Wesentlichen nur die Hautfarbe. Zu 99,99 % dürften beide Menschen-Rassen gleich sein. Doch der menschliche Verstand pickt sich den kleinen Unterschied von 0,01% heraus, um einen Gegensatz zu konstruieren und – schlimmer noch – Rassenkonflikte daraus abzuleiten.

Wie groß wird wohl der Unterschied der beiden christlichen Konfessionen sein? Wahrscheinlich auch nicht größer als 0,01%. Und doch wurden dafür Glaubenskriege geführt und unzählige Menschen lebendig verbrannt.

Menschen verschiedener Religionen, Weltanschauungen und politischer Auffassungen sind immer noch Menschen. Der Unterschied zwischen ihnen wird die 0,01%-Marke nicht einmal annähernd erreichen.

Unser Verstand ist ein äußerst präzises Instrument, wenn es gilt, feinste Unterschiede zu erkennen. Die Gemeinsamkeiten erkennen wir allerdings besser mit unserem Herzen. „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ lässt Antoine de Saint-Exupéry seinen Kleinen Prinzen sagen.

Könnte es sein, dass wir mehr Herz in unsere Wirtschaft bringen müssen, wenn wir die gemeinsamen Interessen der Menschen und der Natur nachhaltig fördern wollen?

  • Das Null-Summen-Dogma ist widernatürlich. Es führt zu Raub, Ausbeutung und Kampf.
  • Die für uns erlebbare lebendige Natur ist immer positiv.
  • Der Verstand nimmt Unterschiede war, das Herz Gemeinsamkeiten.
  • Wir brauchen ein Geld- und Wirtschaftssystem, bei denen sich Herz und Verstand symbiotisch ergänzen.



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