»Wie könnt ihr große Beträge finanzieren, wenn das Geld
vergänglich ist?« – »Durch Kredite. Beide Parteien haben ihren Vorteil dabei.
Der Kreditgeber erhält zum vereinbarten Zeitpunkt sein volles Geld zurück.
Hätte er keinen Kredit gegeben, wäre sein Geld durch die Vergänglichkeit
weniger geworden. Der Kreditnehmer bekommt einen zinsfreien Kredit. Eine
klassische WIN-WIN-Situation.«
– Joytopia
Kredite und Geldanlagen muss es in jedem Wirtschaftssystem
geben. Es gibt immer Zeiten, in denen man mehr einnimmt als man ausgibt und die
Überschüsse für spätere Zeiten aufbewahren will. Umgekehrt gibt es Situationen,
in denen man Geld benötigt, das man momentan nicht hat. In einem Geld- und
Wirtschaftsmodell, das den Kreislauf von Werden und Vergehen von Anfang an
integriert, muss dem Kreditwesen dafür eine besondere Beachtung geschenkt
werden.
Wie immer lassen wir uns auch hier von der Natur
inspirieren. Stellen Sie sich bitte zwei Bauern vor, die einen Naturalienkredit
miteinander vereinbaren. Der eine Bauer, wir nennen ihn Franz, hat dieses Jahr
Kartoffeln angebaut. Die Ernte ist gut, und er kann mehr ernten als er braucht.
Die überschüssigen Kartoffeln würden mit der Zeit altern, und nach einem Jahr
wären sie nur noch halb so viel wert, wie die gleiche Menge neuer Kartoffeln.
Der andere Bauer, Paul, hat dieses Jahr keine Kartoffeln angebaut, braucht
jedoch welche, um gut über den Winter zu kommen. Sie vereinbaren also, dass
Franz dem Paul eine bestimmte Menge Kartoffeln gibt. Paul, der im kommenden
Jahr Kartoffeln anbauen will, verspricht dem Franz nächstes Jahr dieselbe Menge
Kartoffeln zurückzugeben.
Welche Kartoffeln wird Paul zurückgeben, die alten runzligen
Kartoffeln oder neue? Selbstverständlich gibt er neue Kartoffeln zurück. Denn
zum einen hat er die alten Kartoffeln bereits verbraucht; und zum anderen hatte
Franz ihm ja neue Kartoffeln geliehen und will selbstverständlich neue
Kartoffeln zurückbekommen.
Franz und Paul haben sich mit diesem Naturalienkredit eine
WIN-WIN-Situation geschaffen. Franz, der Kreditgeber, konnte sich den Wert der frischen
Kartoffeln erhalten, und Paul, der Kreditnehmer, bekam einen zinslosen Kredit.
Kein Mensch würde bei diesem Beispiel auf die Idee kommen, dass Paul dem Franz
eine andere Menge Kartoffeln zurückgeben müsse, als die, die er erhalten hatte.
Analog dazu funktionieren Kredite in der Natürlichen
Ökonomie des Lebens. Der Kreditgeber gibt dem Kreditnehmer einen
(voraussichtlich) zinslosen Kredit und erhält die gleiche Summe zum
vereinbarten Zeitpunkt zurück. Zinsen sind zwar nicht verboten, aber da viele Leute
ihr überschüssiges Geld erhalten möchten, wird das Kreditangebot so groß sein,
dass Zinsen am Markt keine Chance haben werden. Möglicherweise wird es sogar
negative Zinsen geben, d.h. der Kreditgeber erhält einen geringeren Betrag
zurück, als er ausgeliehen hatte. Selbst dann hat er noch ein Geschäft gemacht.
Denn wenn er das Geld nicht verliehen hätte, wäre es durch die Vergänglichkeit
nach ein paar Jahren praktisch ganz weg gewesen.
Völlig neue Möglichkeiten für die Lebensplanung und -gestaltung
ergeben sich hierdurch. In jungen Jahren kann man sein Haus zinsfrei oder sogar
noch günstiger finanzieren. Man kann für die Rente ansparen, um am Lebensabend
mehr zur Verfügung zu haben, als nur das Grundeinkommen. Es können Sabbatjahre
geplant werden, also Zeiten in denen man nicht arbeitet und dabei weiterhin
einen hohen Lebensstandard genießt. Firmengründungen lassen sich mit geringem
Risiko finanzieren. Kurzum: das Kreditwesen schafft immer WIN-WIN-Situationen
für alle.
Wie wird sich unser neues Geldmodell auf Lebensqualität,
Arbeitsklima und Produktivität der Menschen auswirken? Davon handelt der
nächste Abschnitt.
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